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Conway Q-MFC Team XX

Rennlastige hundertzwanzig Millimeter mit viel Licht und ein wenig Schatten.
Text: BigAir Fotos: Erwin Haiden, Andere (4)

120 mm Federweg und ein Racefully? Nennt mich ruhig konservativ, aber 120 mm und zugleich Racefully, wie passt das zusammen? Entweder eine klassische leichtgewichtige Rennmaschine mit zehn Zentimeter Federweg, oder eben ein Bike mit etwas mehr Travel und dafür etwas breiterem Einsatzbereich, was die Geometrie betrifft, oder? Und wer oder was ist überhaupt Conway? Zumindest letztere Frage hat sich 2010 auf der Eurobike beantwortet: Der Conway-Stand hat mit Handschuhen aus Känguru-Leder und einem brachialen e-Bike-Downhiller Spuren hinterlassen - die Handschuhe an den Händen und das Downhillmonster im Gedächtnis.

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Gut ein halbes Jahr später stand es dann in den Bikeboard Hallen: Feuerrot, besagte 120 mm Federweg, top Ausstattung, und 4.799,95 Euro bzw. 10,8 kg schwer. Eines muss man ja schon festhalten: Räder in rot/weiß gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Kaum ein Hersteller verzichtet auf diese Farbkombination; aber Rot ist nicht gleich Rot - soviel ist beim Anblick des Conways klar. Der Q-MFC Rahmen strahlt ähnlich rot wie der Ayers Rock bei tiefstmöglichem Sonnenstand.
Apropros Australien: Mitten im Northern Territory liegt eine kleine Erhebung mit Namen Mount Conway - der Namensgeber? Leider war für diesbezüglich fundiertere Recherchen in der Portokassa kein Budget für einen Flug nach Down Under zu finden. Aber immerhin befleißigte sich jemand, von Australien nach Österreich zu kommen, um dem Q-MFC Team XX eine würdige Testgelegenheit einzuräumen. So passiert am 25. Juni, als Juliane und Martin von Rocky Trail Entertainment in Gnas die erste Wild Wombat MTB Challenge veranstalteten. "Gute Testumgebung für das Racefully", dachte ich mir und strich das Datum im Rennkalender fett an.

Wie immer folgte nach dem Auspacken und Zusammenschrauben der Gang zur Waage. Bei 10,8 kg blieb die Anzeige stehen; sehr löblich, weil das Bike offiziell 10,9 kg haben dürfte. Somit wird sogar in Größe 52 die offizielle Gewichtsangabe unterschritten - das passiert selten. Bei der weiteren Betrachtung stellte sich heraus: so richtig australisch dürfte Conway dann doch nicht sein: Über der Modellbezeichnung "Team XX" steht "Made in Germany", genauer in Hoya (Niedersachsen,) von der Firma Hartje.

Unterstützt wurde Hartje bei der Konstruktion des Q-MFC von GERMAN:A-Frontmann Thomas Kamm, der sich im Radbusiness bereits mit so mancher Entwicklung einen Namen gemacht hat - am bemerkenswertesten sicher die GERMAN:A Kilo-Federgabel.
Der Hinterbau am Q-MFC ist auf den ersten Blick zwar nicht so aufsehenerregend wie diese Trapezfedergabel, dennoch stellt er eine sehr gelungene Konstruktion dar. Das auf den Namen IMP (Intelligent Moving Pivot) getaufte System baut auf dem bewährten VPP-Prinzip auf und liefert nach etwas Setup-Spielerei ein sehr gut arbeitendes Heck.

  • "IMP (Intelligent Moving Pivot)" VPP Hinterbau "IMP (Intelligent Moving Pivot)" VPP Hinterbau
    "IMP (Intelligent Moving Pivot)" VPP Hinterbau
    "IMP (Intelligent Moving Pivot)" VPP Hinterbau
  • massive Wippe aus Carbonmassive Wippe aus Carbon
    massive Wippe aus Carbon
    massive Wippe aus Carbon
  • Rahmen mit wuchtigem SteuerrohrRahmen mit wuchtigem Steuerrohr
    Rahmen mit wuchtigem Steuerrohr
    Rahmen mit wuchtigem Steuerrohr
  • Übergang von (Alu) Sitzrohr zu (Carbon) OberrohrÜbergang von (Alu) Sitzrohr zu (Carbon) Oberrohr
    Übergang von (Alu) Sitzrohr zu (Carbon) Oberrohr
    Übergang von (Alu) Sitzrohr zu (Carbon) Oberrohr
  • Im Tretlagerbereich trifft Alu auf AluIm Tretlagerbereich trifft Alu auf Alu
    Im Tretlagerbereich trifft Alu auf Alu
    Im Tretlagerbereich trifft Alu auf Alu

Während der Hinterbau komplett aus Carbon gefertigt ist, besteht der Hauptrahmen aus einer Mischung von Carbon und Alu, welche bei Conway Carbo-Metal-Matrix genannt wird. Dabei werden die beiden Materialien jeweils hinsichtlich ihrer Stärken bzw. Schwächen optimiert eingesetzt: Das Unterrohr, welches ein beliebtes Ziel für aufgewirbelte Steine ist, wird ebenso aus Alu gefertigt wie das Sitzrohr, wo ein zu fest geklemmter Umwerfer großen Schaden anrichten könnte. Oberrohr und Steuerkopfbereich hingegen sind aus Carbon und drücken das Gesamtgewicht.
Umgehen könnte man die Notwendigkeit dieses Materialmixes mit einem Directmount-Umwerfer sowie einem Steinschlagschutz am Unterrohr, welcher bei einigen Carbonrahmen zu finden ist. Welcher Ansatz der bessere ist, lässt sich wohl nicht so einfach sagen, eine Kombination aus Alu und Carbon ist jedenfalls das seltenere, aber durchaus auch bewährte Konzept (z.B. Modelle von Cannondale, Specialized, BMC, ISAAC,...).
Neben dem fast schon Standard gewordenen tapered Steuerrohr beherbergt der Rahmen einen Falschenhalter und kann zudem mit durchgehenden Zügen und einer hervorragenden Zugmontage aufwarten.

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Cobalt 11 Vorbau samt Auszug der Bedienungsanleitung

Als Federelemente kommen die SID XX mit XLOC und der Monarch RT3 von RockShox zum Einsatz. Zur Gabel selbst muss wohl nicht mehr viel gesagt werden, hat sie sich doch schon mehrmals als Top-Forke bewiesen. Einzig auf den XLOC Hydraulik Lockouthebel möchte ich näher eingehen.
Die Funktion ist über jeden Zweifel erhaben und auch ein Brechen des Lockouthebels (wie das bei älteren Versionen passieren konnte) ist fast unmöglich. Bei der integrierten Montage mit den MatchMaker X Schellen ergibt sich aber eine Situation, bei der die Schraube zur Lenkerklemmung nur durch Abschrauben des Triggers zugänglich ist. Prinzipiell nichts Schlimmes, aber gemeinsam mit dem Crankbrothers Cobalt 11 Vorbau eine etwas unglückliche Kombination.

Jetzt könnte man natürlich einwenden: Jammern auf hohem Niveau! Stimmt, aber mit dem Q-MFC befinden wir uns ja eben dort. Zurück zum Vorbau-Schellen-Problem: Die Lenkerklemmung des Cobalt Vorbaus ist geschlossen konstruiert, das heißt, der Lenker wird von einer Seite durch den Vorbau geschoben und dann mittels Klemmkeil fixiert. Will man jetzt zum Beispiel den Vorbau umdrehen, müssen sämtliche Bauteile (Griffe, Trigger, Bremsen) vom Lenker entfernt werden. In Kombination mit dem Carbon Low Riser - in angenehmer 680 mm Breite - ist das ein etwas mühsames Unterfangen. Auch für die sehr heikle Oberfläche des Lenkers ist diese Prozedur schmerzhaft und hinterlässt Spuren im edlen Finish.
Übrigens verfügt der Lenker über eine Markierung für die Brems-/Triggerschelle - ein gut gemeinter Vorschlag, aber nicht für jeden passend.

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  • Durchgehende ZügeDurchgehende Züge
    Durchgehende Züge
    Durchgehende Züge
  • mit vorbildhafter Montagemöglichkeitmit vorbildhafter Montagemöglichkeit
    mit vorbildhafter Montagemöglichkeit
    mit vorbildhafter Montagemöglichkeit
  • führen unter anderem zur Postmountaufnahmeführen unter anderem zur Postmountaufnahme
    führen unter anderem zur Postmountaufnahme
    führen unter anderem zur Postmountaufnahme
  • Conway Q-MFC Team XX Conway Q-MFC Team XX
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Der RT3 ist das Topmodell aus RockShoxs Monarch Serie und bietet neben den üblichen Einstellmöglichkeiten ein dreistufiges Floodgate an. In der Theorie (und bei der Feierabendausfahrt) machen die drei Einstellungen durchaus Sinn und der Unterschied ist auch spürbar; als angeschlagener Rennfahrer bin ich von drei Positionen aber eher überfordert und lasse den Hebel in der mittleren oder linken Position. Die prinzipielle Funktionsweise (jeweils von oben betrachtet): links - Dämpfer offen für Downhill, rechts - Dämpfer fast gesperrt für Uphill, mitte - Mittelding aus links und rechts. Bergauf sowie bei schnellen Antritten ist selbst bei offenem Floodgate kein Wippen am Hinterbau zu bemerken, nur bei hochfrequenten Fahrten in der Ebene beginnt der Hinterbau etwas zu wanken, was aber mit dem maximalen Floodgate-Setting leicht zu umgehen ist.

Von Crankbrothers stammen Sattelstütze und Laufräder. Während letztere sehr unauffällig ihren Dienst erfüllt haben, ist die Sattelklemmung der Stütze nicht ganz einwandfrei. Die Carbonrails des Fizik Tundra Braided werden seitlich geklemmt - so entsteht ein leichtes, horizontales Spiel. Komplettiert wird die Ausstattung durch die namensgebende Sram XX Gruppe, zwei Racing Ralph Pneus und Conway Schraubgriffe die - wenn das auch nur ein kleines Detail am Rande ist - wohlüberlegt konstruiert sind: Aufgrund der integrierten Endkappen ist das Verlieren derselben nämlich unmöglich.
Bei der Bereifung hätte ich mir (zumindest vorne) einen Rocket Ron gewünscht, um das potente Fahrwerk nicht durch zu geringe Bodenhaftung auszubremsen.

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Die Rahmengeometrie ist sehr aggressiv und rennlastig ausgelegt, was aber aufgrund der Ausrichtung als Marathonfully keineswegs abwertend gemeint ist. 439 Millimeter lange Kettenstreben sorgen für ausreichend Traktion und ein 70 Grad steiler Lenkwinkel für Quirligkeit auf engen Trails - aber zugleich für ein etwas nervöses Fahrverhalten.
Oft schon entfachten ob des Lenkwinkel so etwas wie Glaubenskriege zwischen Konstrukteuren. Früher waren Lenkwinkel mit 71 Grad oder mehr keine Seltenheit. Heutzutage hat sich ein Wert zwischen 69 und 70 durchgesetzt (bei den 100 mm Marathonmaschinen, wohlgemerkt). Durch die zwei Zentimeter mehr an Front-Federweg kann die Gabel auch mit mehr Negativfederweg gefahren werden, was wiederum den Lenkwinkel vergrößert (respektive versteilert). In Anbetracht dessen sind die 70 Grad meiner Meinung nach hart an der Grenze, aber bezüglich des Einsatzbereichs noch in Ordnung. Ein flacherer Lenkwinkel würde das Q-MFC etwas tourentauglicher machen.

Jetzt aber weg von der Theorie und hin zur Fahrpraxis. Bergauf macht das Conway richtig Spaß - wüsste man nichts von den 120 mm Federweg, könnten es auch gut 100 mm sein. Der Hinterbau arbeitet hervorragend und spielt - wenn richtig eingestellt - ganz oben mit. Championsleague statt Regionalliga, quasi. Der Floodgate Hebel am Dämpfer ist noch gut zu erreichen, viel weiter unten sollte er aber nicht platziert sein. Bis auf die Farbgebung hat sich das Q-MFC während der 1.000 Testkilometer sehr unauffällig präsentiert, und das im durchwegs positiven Sinne - kein Knacksen, kein Knarren, kein Murren.

Conway Q-MFC Team XX

Tech Specs

Rahmen Carbo-Metal-Matrix IMP 120 mmGrößen 44 / 48 / 52 / 56
Farbenred/whiteSteuersatzVP 1.5 - 1.1/8 Semi Integrated
Gabel RockShox SID XX XLoc Tapered 120mmDämpfer RockShox Monarch RT3
Vorbau Crank Brothers Cobalt 11 CarbonLenker Crank Brothers Cobalt 11 Carbon Lowriser 680 mm
Sattelstütze Crank Brothers Cobalt 11 CarbonSattel Fizik Tundra Braided
Schaltwerk Sram XXBremshebelSram XX
Schalthebel Sram XXZahnkranz Sram XX 11-36
Bremsen Sram XXKurbelsatz Sram XX 28/42
Reifen vo./hi.
Schwalbe Racing Ralph EVOInnenlager
Truvativ PressFit
Felgen Crank Brothers Cobalt 3Gewicht o.P.
10,9 kg (Real: 10,8 kg - 52cm)
Naben Crank Brothers Cobalt 3Preis€ 4.799,95,- (Conway Website)

 
 
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Bei der Wild Wombat Challenge in Gnas konnte das Conway dann nochmals zeigen was es drauf hat. Acht Stunden ging es auf einem schnellen Rundkurs mit schönen traillastigen Abfahrten zur Sache. Leider konnte ich meiner Startnummer nicht wirklich gerecht werden. Das Marathonfully selbst hingegen präsentierte sich in Höchstform und fand in dem Rennen eine ideale Spielwiese und Testumgebung.

  • Foto: Gerd PachauerFoto: Gerd Pachauer
    Foto: Gerd Pachauer
    Foto: Gerd Pachauer
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    Foto: Gerd Pachauer
    Foto: Gerd Pachauer
  • Foto: Katharina WisataFoto: Katharina Wisata
    Foto: Katharina Wisata
    Foto: Katharina Wisata
  • Foto: Katharina WisataFoto: Katharina Wisata
    Foto: Katharina Wisata
    Foto: Katharina Wisata

Fazit

Conway Q-MFC XX
Modelljahr:2011
Testdauer:lang (ca. 1.200 km, 8h Renneinsatz)
+Hinterbausystem
+stimmiges Gesamtkonzept
+konsequent Torx (Gruppe, Anbauteile)
oaggressiver Lenkwinkel
-unpraktischer Vorbau
-keine Steckachsen
BB-Urteil:ur leiwand

Hundertzwanzig Millimeter Federweg und Rennfahren, das funktioniert tatsächlich! Wer viele Rennen bestreitet oder im Training eher der Heizer ist, ist mit dem rassigen Racefully Q-MFC bestens bedient.
Neben dem Topmodell Team XX werden noch drei weitere Ausstattungsvarianten angeboten. Für Freunde des ungefederten Hinterbaus gibt es auch entsprechende Hardtails mit dem gleichen Austattungsspektrum. Dass man die Hardtails schnell bewegen kann, hat erst vor kurzem Verena Krenslehner (Conway Racing Team) bewiesen, die sich mit Ihrem Q-MRC Team XX den österreichischen Staatsmeistertitel im Marathon sicherte.

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